Nach Angriff auf Kickers-Geschäftsführer Christian Hock: Misst die Regionalliga mit zweierlei Maß?

21. März 2024, 09:59 Uhr

Christian Hock (Zweiter von links) wurde von einem Zuschauer angegriffen. Erst als dieser ihm mit beiden Händen in den Rücken gestoßen habe, seien Ordner erschienen. Diese hätten aber nichts unternommen, sondern die Sache verharmlost, berichtete der 53-Jährige. © Medien Service Mueller I Jan Huebner

Während der Partie beim Bahlinger SC wird Kickers Offenbachs Geschäftsführer Christian Hock von einem Fan gestoßen und übt daher Kritik an der Liga.

Offenbach – Als sich Christian Hock am Sonntag nach der 1:2-Niederlage beim Bahlinger SC schon eine Weile auf der Heimfahrt befand, war er immer noch geschockt. Dem Sport-Geschäftsführer des Regionalligisten Kickers Offenbach machte nicht der Auftritt der Mannschaft zu schaffen, sondern eine Szene, die sich während der Partie am Spielfeldrand ereignet hatte. Das habe ihn „tief erschüttert“. Und zwar so sehr, dass er sich nach 35 Jahren im Profifußball erstmals die Frage stelle, „ob das wirklich noch mein Fußball ist, den ich von Kindesbeinen an so sehr geliebt habe“, berichtet op-online.de .

Kurz vor dem Abpfiff wurde Hock, der neben der Ersatzbank stand, von einem offensichtlich mit dem Heimteam sympathisierenden Zuschauer körperlich angegangen. Er sei „mit beiden Händen in den Rücken“ gestoßen worden, berichtet der 53-Jährige. „Ich habe so etwas noch nie erlebt. Es hat nicht extrem wehgetan und ich habe keine blauen Flecken. Es passierte aber von hinten und ohne Vorwarnung.“ Das wirft bei Hock Fragen auf. Zum Beispiel: „Wie kann es sein, dass eine Coaching-Zone bloß mit Flatterband abgesperrt und kein einziger Ordner in der Nähe ist?“

Maximilian Ziegler-Freisinger, Geschäftsführer der Regionalliga Südwest, sagte dazu auf Anfrage unserer Zeitung. „Normalerweise ist eine innere Umfriedung in Höhe von 2,20 Metern vorgesehen.“ Weil es eine solche in Bahlingen nicht gibt, gehört der BSC zu den wenigen Vereinen in der Liga, die ein Ausweichstadion für den Fall melden müssen, dass ein Risikospiel ansteht. Ob dem so sei, entscheiden die Sicherheitsbehörden vor Ort. Diese hatten zwar dafür gesorgt, dass die Kickers und Erstligist Bayer Leverkusen (in Freiburg) zeitgleich spielten, damit sich die befreundeten Anhänger der zwei Clubs nicht gegenseitig unterstützen und die Polizei keine doppelte Belastung hatte. Ein Ausweichen ins „alte“ Dreisamstadion in Freiburg war aber kein Thema. Und so spielt der BSC bereits seit insgesamt sechs Jahren in einem Stadion, das den Vorgaben der Regionalliga in mindestens zwei Punkten nicht entspricht. Neben der erwähnten Umfriedung fehlt nämlich auch eine Flutlichtanlage. Beides zu errichten, würde viel Geld kosten.

„Wieso werden gravierende Unterschiede bei den Sicherheitsauflagen gemacht?“, fragt Hock. Nachdem OFC-Fans (wiederholt) Gegenstände aufs Spielfeld geworfen hatten, war gegen den Verein eine Geldstrafe (3500 Euro) sowie eine einmalige Blocksperre verhängt worden, verbunden mit der Androhung, dass bei weiteren Vorfällen die Auflage stehen kann, die Steh- in Sitzplätze umzuwandeln . „Wenn ich sehe, welche Strafen wir bekommen und welche Sicherheitsvorkehrungen von uns seit Jahren verlangt werden, ist für mich nicht nachvollziehbar, wie man so etwas genehmigen kann“, sagte Hock. Der OFC müsse jedes Mal einen fünfstelligen Betrag für das Sicherheitspersonal ausgeben, in Bahlingen hätten hingegen nicht mal Ordner im Bereich der Coaching-Zone gestanden. Diese seien erst später gekommen, hätten aber nicht mal die Personalien des Mannes aufgenommen und die Sache sogar verharmlost.

Mit Regenschirm ins Stadion, Flaschen und Gläser in Spielfeldnähe

„Es geht nicht um mich“, betonte der Sport-Geschäftsführer des OFC. „Aber was ist in zwei Wochen? Wird dann vielleicht jemand mit einer Flasche oder einem Regenschirm attackiert? Beides scheint nicht in allen Regionalliga-Stadien verboten zu sein.“ In der Tat hatten in Bahlingen viele Zuschauer Schirme dabei. Zudem ist der Weinkonsum in Spielfeldnähe normal. Flaschen und Gläser stehen dort auf Tischen.

„Aus unseren Sicherheitsrichtlinien geht klar hervor, was erlaubt ist und was nicht“, sagt Maximilian Ziegler-Freisinger, der Geschäftsführer der Regionalliga Südwest. Regenschirme seien im Stadion verboten. Hocks Beschwerde liegt ihm vor. „Wenn das so war, verurteilen wir das. Wir werden der Sache nachgehen.“ Es ist davon auszugehen, dass es ein Verfahren vor dem Sportgericht geben wird.

BSC-Sprecher Stefan Ummenhofer nannte den Vorfall bei der Pressekonferenz ein „bedauernswertes Randereignis“, das „zu verachten“ sei. Trainer Axel Siefert stellte ebenfalls klar, dass so etwas nicht gehe. Er habe die Szene aber eher so gedeutet, dass der Zuschauer Hock auf einen Vorfall aufmerksam machen wollte, der sich kurz zuvor abgespielt hatte. Da sei nämlich ein ausgewechselter BSC-Spieler von OFC-Fans bespuckt sowie mit Bechern beworfen worden. Hock sah darin eine Relativierung, stellte aber zugleich klar: „Es geht mir nicht darum, dass Bahlingen bestraft wird.“ Stattdessen stellt er „das Konstrukt Regionalliga Südwest“ in Frage. Die Liga müsse so etwas im Zulassungsverfahren besser regeln. Aktuell sei vieles „amateurhaft“.

Inzwischen hat sich auch Andreas Herzog, Geschäftsführer der Stadiongesellschaft Bieberer Berg und einst Geschäftsführer des OFC, zu dem Vorfall geäußert . Er spricht von einer „Unverschämtheit“ und übt ebenfalls Kritik an der Liga.

Von Christian Düncher

Wie kann es sein, dass eine Coaching-Zone bloß mit Flatterband abgesperrt und kein einziger Ordner in der Nähe ist? Christian Hock, Sport-Geschäftsführer des OFC, über die Zustände in Bahlingen