OFC vor Pokalfinale am Tiefpunkt: Kein Support und Handgreiflichkeiten

19. Mai 2024, 16:19 Uhr

Trainer Christian Neidhardt steht bei Kickers Offenbach in der Schusslinie. © Charlie Rolff

Das Abschiedsspiel von Publikumsliebling Maik Vetter nach zehn Jahren und fast 230 Spielen im Trikot der Offenbacher Kickers ist am Samstag vor der Saisonminuskulisse zu einem Trauerspiel geraten.

Der OFC erlitt am letzten Spieltag der Regionalliga Südwest gegen den hessischen Rivalen TSV Steinbach Haiger mit 0:3 (0:2) die vierte Niederlage in Folge. Vor dem Hessenpokalfinale am Samstag (16.45 Uhr, Bornheimer Hang) gegen den Hessenligisten Türk Gücü Friedberg herrscht Endzeitstimmung am Bieberer Berg.

Regionalliga: Kickers Offenbach mit Minusleistung vor Pokalfinale

Sogar das ultraorthodoxe Kollektiv 71 stellte in Block 2 der Waldemar-Klein-Tribüne den Support ein. Schweigen, wo sonst ebenso nervtötender wie gut gemeinter Dauersingsang selbst miserable Leistungen der Mannschaft untermalt. In der Bewertung einer einmal mehr kritikwürdigen Vorstellung wurden Fans untereinander handgreiflich, Ordner mussten einschreiten. Der Glaube, dass Trainer Christian Neidhart in der neuen Saison eine Wende zum Guten einleiten kann (und darf), ist zumindest in der Anhängerschaft rapide gesunken. Auch die Loyalität zum Präsidium mit Joachim Wagner an der Spitze, das angetreten war, den frustrierten Anhängern ihren Stolz zurückzugeben und nun (mindestens) die schlechteste Saison in elf Jahren Regionalliga Südwest zu verantworten hat, bröckelt. Noch nie hat der OFC in einer so niedrigen Liga so häufig verloren. Bis auf Steinbach Haiger, das die Kickers am Samstag allerdings vorführte, haben mit Eintracht Frankfurt II, SG Barockstadt, FSV Frankfurt und Hessen Kassel alle hessischen Regionalligisten den OFC hinter sich gelassen.

„Die letzten Wochen können wir als Verein und Trainerteam nicht so stehen lassen. Es ist beschämend, wenn man Dinge wie Zweikampfverhalten und Laufbereitschaft einfordern muss“, sagte Trainer Christian Neidhart und appellierte im Hinblick auf das Pokalendspiel: „Wir müssen jetzt eine geile Trainingswoche hinlegen, wir müssen zusammenstehen, jeder muss persönliche Befindlichkeiten, die ihn hindern, eine Topleistung zu bieten, beiseite schieben. Das muss morgen mit dem ersten Training und in der ganzen Woche spürbar sein. Dann haben wir die Riesenmöglichkeit, mit dem Pokalsieg und dem Einzug in den DFB-Pokal diese Scheißsaison vergessen zu machen. Wer jetzt nicht Vollgas gibt für diesen Verein, soll zuhause bleiben und sich einen anderen Job suchen.“

Vor dem Spiel gegen Steinbach Haiger, das mit einer Stunde Verspätung angepfiffen wurde, da der Mannschaftsbus des TSV auf der A45 in einen Verkehrsstau geraten war, verabschiedete der OFC, neben dem mit Sprechchören gefeierten Maik Vetter, Benjamin Hadzic, Björn Jopek, Christian Derflinger, Julian Markvoort Beke, Marcel Jonetzko, Maximilian Engl und  Rafael Garcia, der sich über den wärmsten Applaus des Publikums freuen durfte; der mutmaßliche Topverdiener hatte sich stets professionell verhalten, obwohl seit Saisonbeginn klar war, dass der auslaufende Vertrag nicht verlängert werden würde. 

Vetter stand als Mannschaftskapitän in der Startelf, durfte im defensiven Mittelfeld trotz unübersehbarer Defizite bis zur 86. Spielminute mitwirken und wurde nach der Begegnung als einziger Spieler vom Fanblock empfangen. Nach neun Spielminuten lag Steinbach Haiger bereits 2:0 vorn. Einen punktgenau gezirkelten Freistoß von Steinbachs Wirbelwind Serkan Firat, der seinerzeit in Offenbach von Sportdirektor Sead Mehic vom Hof gejagt worden war, köpfte Christopher Theisen aus kurzer Distanz zum 0:1 ein (3.). Nach neun Minuten vermochte Johannes Brinkies den Kopfball von Ertan Hajdaraj noch zu parieren, gegen den Nachschuss ins lange Eck war der OFC-Keeper machtlos. Die beste Szene der Kickers bot Leon Müller, der im Strafraum den Ball aus der Luft mit rechts annahm und aus der Drehung mit links über das Tor schoss. Mit einem Pfeifkonzert schickten die Fans eine Mannschaft in die Kabine, die den Anschein erweckte, mindestens ihrem Trainer, wenn nicht gar der gesamten sportlichen Führung die Gefolgschaft zu verweigern.

Nach der Pause verpassten Flügelstürmer Kevin Lankford (47.) und Verteidiger Jayson Breitenbach (64.) mit Postentreffern eine Resultatsverbesserung. Die kurzzeitig noch einmal aufgeflammte Anfeuerung erstarb schlagartig mit dem 0:3 (70.), das Breitenbach, erst strauchelnd im Mittelfeld, dann schlecht verteidigend im Strafraum, auf seine Kappe nehmen musste.

Mit dem Pokalsieg können wir die Scheißsaison vergessen machen. OFC-Trainer Christian Neidhardt

Die Statistik: Offenbacher Kickers:  Brinkies; Marcos, Breitenbach, Knothe, Moreno Giesel – Vetter (86. Mesanovic), Müller(60.) Garcia – Lankford, Nazarov (71. Wachs), Wanner – Urbich (60. Alvarez). Schiedsrichter:  Christoph Rübe (OSC Vellmar).  Zuschauer:  4200 (offiziell 5063).  Tore:  0:1 Christopher Theisen (3.9, 0:2 Ertan Hajdarj (9.), 0:3 Daniel Steininger (70.).

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