Regionalliga Südwest: Diese Teams wollen nächstes Jahr dabei sein

16. April 2024, 18:59 Uhr

Noah Michel ist einer der Toptorjäger in der Hessenliga. Spielt er nächste Saison mit Türk Gücü Friedberg in der Regionalliga Südwest? © Siggi Larbig

In der Hessenliga tobt ein nie dagewesener Vierkampf um die Meisterschaft und nun ist klar: Baunatal will. Gießen will. Alzenau will. Und auch Friedberg will hoch. Alle vier Topteams haben die Lizenzunterlagen für einen möglichen Aufstieg in die Regionalliga Südwest eingereicht. Das geht aus einer Pressemitteilung der Liga hervor.

Während in Gießen, Alzenau und Baunatal Regionalliga-Fußball schon Gewohnheit und vergleichsweise leicht umzusetzen ist, ist die Sachlage bei Türk Gücü Friedberg anders und es scheint weiterhin offen, ob die Anforderungen der Fußball-Regionalliga Südwest GmbH zu erfüllen sind. 

34 Teams haben eine Regionalliga-Lizenz beantragt

Zum Stichtag am 15. April haben die Kreisstädter neben den drei weiteren aufstiegsambitionierten Klubs der Hessenliga ihre Unterlagen zum Zulassungsverfahren eingereicht. „Ja, unser Ziel ist die Regionalliga“, sagt Fatih Kaplan, Sohn des Vorsitzenden Ramazan Kaplan und selbst Vorstandsmitglied bei Türk Gücü. Nach 27 von 34 Spielen liegt Friedberg (53 Punkte) auf Platz zwei, hinter dem FC Gießen (55) und vor dem KSV Baunatal (53) und dem FC Bayern Alzenau (52). Der Meister steigt auf. Der Tabellenzweite bestreitet die Relegation.

Kaplan junior unterstreicht: „Wir können und werden das Thema nur angehen, wenn uns die Stadt eine Perspektive aufzeigt. Inwiefern ist dies gemeinsam realisierbar? Am Ende ist’s auch eine politische Entscheidung.“ Zeitnah sei ein Gespräch mit Bürgermeister Kjetil Dahlhaus terminiert, um im Dialog auf infrastrukturelle Bedürfnisse und die Defizite der Sportanlage am Burgfeld hinzuweisen, Lösungsansätze und deren Kosten aufzuzeigen, ein Stimmungsbild auszuloten.

Das Rundschreiben der Regionalliga Südwest GmbH an die aufstiegsambitionierten Klubs der Hessenliga sowie der Oberligen Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz/Saar umfasst mehr als ein Dutzend PDF-Dateien mit insgesamt mehreren Hundert Seiten. Es handelt von Satzungen, Verträgen, Ordnungen, Erklärungen, Verfahren. Die zentralen Anforderungen der Regionalliga GmbH an die Heimspielstätte der Klubs sind gegenüber dem Vorjahr unverändert: überdachte Sitzplätze für 100 Zuschauer, ein abgetrennter Gäste-Block für 250 Personen mit eigenem Eingang, Kiosk und sanitären Anlagen, eine Flutlichtanlage mit mindestens 400 Lux, Räumlichkeiten für Polizei, Medien und VIP sind nur einige Kriterien.

Auf dem Burgfeld sind bauliche Veränderungen für diesen Fall notwendig. Die TGF-Funktionäre beschäftigten sich in den vergangenen Tagen intensiv mit kreativen Lösungen; beispielsweise mit der Anmietung einer mobilen Tribüne (für die Gegengerade) sowie einen durch einen fest installierten Zaun abgegrenzten Gäste-Bereich (zur Kurve Richtung Friedberg hin), holten entsprechende Angebote ein, führten Gespräche. Von einem mittleren fünfstelligen Gesamtbetrag ist die Rede. Doch: Wer übernimmt die Kosten? Der Klub selbst sei zu Investitionen bereit, um seine Ziele zu realisieren, aber nur mit Rückendeckung der Stadt. „Wir müssen wissen, ob Regionalliga-Fußball auch in der Zukunft angestrebt wird, ob dies seitens der Stadt auch gewollt ist“, sagt Kaplan, wohlwissend um Bedenken und Vorbehalte, ein Regionalliga-Abenteuer könne nach nur einer Saison schon wieder vorbei sein. „Die Tribüne ist mobil. Und die Zäune lassen sich rasch deinstallieren.“ Mobil sollen auch Catering- und Sanitär-Anforderungen im Gäste-Bereich erfüllt werden. Die vorgeschriebenen Räumlichkeiten für Funktionäre könne man nachweisen.

Die Alternative, die aus Kostengründen im Grunde genommen keine ist: ein Umzug für die Heimspiele. In Frankfurt, Hanau und Dreieich gibt’s regionalliga-konforme Spielstätten. In den Unterlagen, die am Freitag auf dem Postweg an die Regionalliga GmbH mit Sitz in Karlsruhe gegangen sind, ist das Stadion des FSV Frankfurt am Bornheimer Hang als Ausweichstätte genannt. Türk Gücü müsste das Stadion kostspielig und damit völlig unwirtschaftlich anmieten. Ein dauerhaftes Ausweichen ohne Perspektive in Friedberg ist nicht darstellbar. Türk Gücü wurde obendrein seine Identifikation verlieren. Realistisch erscheint der Umzug nur für die gut besuchten, sogenannten Risikospiele, beziehungsweise eine Übergangsphase, sollten die geplanten Umsetzungen auf dem Burgfeld nicht zum Saisonstart 2024/25 erfolgt sein.

Türk Gücü, einst im Stadtteil Ossenheim beheimatet, dann für den kreisübergreifenden Spielbetrieb in Ober-Rosbach zu Gast (unterstützt durch die Stadt Friedberg), ist erst seit Sommer 2022 auf dem Burgfeld zu Hause . Zu den Hessenliga-Heimspielen kommen im Schnitt 250 bis 300 Zuschauer – Tendenz steigend. Hessenpokal-Spiele gegen den SV Wehen Wiesbaden (im Jahr 2021), gegen Kickers Offenbach (2022) hatten mehr als 1000 Zuschauer angelockt (und waren von den Sicherheitsbehörden jeweils durchgewunken worden). Auch am Mittwoch kommender Woche im Hessenpokal-Halbfinale gegen den Regionalligisten KSV Hessen Kassel ist mit einer vierstelligen Besucherzahl zu rechnen.

Zweiter wesentlicher Punkt im Anforderungskatalog der Regionalliga: der sportliche Unterbau. Über Jahre hinweg war dieser vernachlässigt worden. Zusammen mit dem FSV Dorheim und Blau-Gelb Friedberg bildet Türk Gücü seit dieser Saison die JSG Kreisstädter, die aktuell mit Mannschaften von den C- bis zu den G-Junioren am Spielbetrieb teilnimmt. Für eine Regionalliga-Teilnahme sind Meldungen von einer A- und einer B-Junioren-Mannschaft Pflicht. Spielgemeinschaften werden nicht anerkannt. Man sei hier auf einem guten Weg und in Gesprächen mit den kooperierenden Klubs und Spielern, diese Voraussetzungen zu erfüllen, sagt Kaplan zuversichtlich.

Wer genau hinhört: Die Aussagen des TFG-Funktionärs gleichen seinen Statements aus der Vorsaison. Mitte April 2023 spielte Türk Gücü bereits an der Hessenliga-Spitze mit. Die zunächst forcierten Viertliga-Bemühungen wurden eingestellt, als nach sportlichem Formtief die Konkurrenz enteilt schien. Auf den Rückzieher des FC Gießen war man in der Kreisstadt dann schlicht nicht eingestellt und vorbereitet . Jetzt, zwölf Monate später, scheint Türk Gücü seine Lehren daraus gezogen zu haben, das Bestreben wirkt besser vorbereitet. Nun wartet man auf ein Zeichen der Stadt, das auch die Klubpolitik der kommenden Jahre prägen könnte – so oder so.

Diese Teams haben die Regionalliga-Lizenz beantragt: 2. Liga: SV Wehen Wiesbaden (14.) 3. Liga: 1. FC Saarbrücken (5.), SV Sandhausen (6.), SV Waldhof Mannheim (16.), SC Freiburg II (20.). Regionalliga Südwest: alle Teams, außer der bereits abgestiegenen TuS Koblenz. Hessenliga: FC Gießen (1.), Türk Gücü Friedberg (2.), KSV Baunatal (3.), FC Bayern Alzenau (4.). Oberliga Rheinland-Pfalz/Saar: Eintracht Trier (1.), FK Pirmasens (2.), SV Gonsenheim (3.), Wormatia Worms (5.). Oberliga Baden-Württemberg: FC 08 Villingen (1.), SG Sonnenhof Großaspach (2.), 1. Göppinger SV (3.), 1. CfR Pforzheim (4.).

Wir müssen wissen, ob Regionalliga-Fußball seitens der Stadt auch gewollt ist. Fatih Kaplan, Türk Gücü Friedberg

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