Spielabbruch: Gewinner im Sinne des Sports ist der SV Wölf – auch ohne Punkte

17. April 2024, 21:39 Uhr

Das Kreissportgericht wurde angeführt von Marius Kokel (Bildmitte), der von den Beisitzern Wolfgang Dittrich (Zweiter von rechts) und Rolf Mönnig (rechts) Unterstützung erhielt. Werner Pflanz (Zweiter von links) führte Buch, während Klassenleiter Werner Scheffler die Szenerie beobachte. © Johannes Götze

War es nötig, das A-Liga-Topspiel zwischen dem SV Wölf und der SG Eiterfeld/Leimbach II abzubrechen? Diese Frage stellte sich das Kreissportgericht Lauterbach/Hünfeld, das sich dazu entschied, ein Wiederholungsspiel anzusetzen.

Zu klären war durch das Sportgericht unter Vorsitz von Marius Kokel (SV Queck) die Frage, ob der Spielabbruch am 24. März zwischen dem SV Wölf und der SG Eiterfeld/Leimbach II durch den Schiedsrichter zulässig gewesen ist. Ein Spiel darf laut Statuten nur durch den Schiedsrichter abgebrochen werden, wenn dieser alle ihm zumutbaren Möglichkeiten zu einer Fortsetzung ausgeschöpft hat. 

Spielabbruch in Wölf: Sportgericht entscheidet auf Wiederholung

Doch war das tatsächlich der Fall? Im Sonderbericht hatte der Schiedsrichter aus dem Kreis Fulda folgendes erklärt: „Das aggressive Verhalten des Trainers und des Zuschauers war für mich eine Bedrohung, durch die ich mich nicht in der Lage sah, das Spiel weiter zu leiten.“ Diese Aussage hatte folgende Vorgeschichte: Beim Stand von 2:2 nach einer knappen Stunde Spielzeit rauschte Wölfs Stürmer Bastian Wiegand in Eiterfelds Keeper Elias Budenz hinein und verletzte ihn hierbei. Wiegand sah Gelb, Budenz wurde von einem Ersatzspieler behandelt. Während der Behandlungspause betraten auf unerlaubte Weise sowohl Eiterfelds Trainer Benny Wolf als auch Budenz’ Vater den Platz. Dies alles ist unstrittig. 

Anschließend habe Wolf, so die Version des Schiedsrichters, aus einem halben Meter Entfernung in aggressiver und einschüchternder Weise den Schiedsrichter angeschrieen. Wolf sagte dabei laut Schiedsrichter folgende Worte: „Hast du sie noch alle? Das ist eine Rote Karte. Du hast das Spiel überhaupt nicht im Griff. Wie stellst du dir vor, wie das hier weitergehen soll?“ Budenz senior hingegen beschäftigte sich in erster Linie mit Wölfs Stürmer Wiegand und habe ihm folgendes an den Kopf geworfen: „Du bist doch nicht mehr ganz dicht. Hast du sie noch alle, da so reinzugehen?“

Der Schiedsrichter habe nach dieser Situation den Spielführer des SV Wölf, Jan Göllmann, sowie einen nicht mehr zuzuordnenden Spieler der Eiterfelder darüber informiert, dass das Spiel nun abgebrochen sei. Anschließend verließ er in Begleitung eines Wölfer Platzordners das Spielfeld. Eine Karte hatte er Wolf und auch keinem anderen Spieler mehr gezeigt. Während die Vereinsvertreter des SV Wölf dem Sonderbericht und Aussagen des Schiedsrichters zustimmten, versuchte die Spielgemeinschaft dies vehement zu widerlegen. So hätte Trainer Wolf kniend neben dem verletzten Spieler in normalem Ton ein paar den Umständen entsprechenden angebrachten Worte in Richtung des Schiedsrichters gesagt. Weder schreiend noch beleidigend. 

Im Mittelpunkt stand schließlich die Zeugenaussage des Schiedsrichters, der erst seit zwei Jahren Schiedsrichter ist und noch keine ähnliche Situation erlebt hatte. Vielsagend erklärte er, „dass uns auf den Lehrgängen die Regeln beigebracht werden, aber wir nicht auf solche Situation vorbereitet werden können. In so einer Situation klar zu denken, ist schwierig.“ Er sagte auch, dass erst kürzlich durch den Verbandsschiedsrichterobmann Gerd Schugard empfohlen worden sei, dass man ein Spiel abbrechen wolle, würde man sich in einer Situation unwohl fühlen und Bedenken hätte, dass noch Schlimmeres passiere. Von einer konkreten Bedrohungslage sprach der Schiedsrichter nicht und auch Angst hätte er nicht gehabt. Sich aber „unwohl“ in der Situation gefühlt, die er seiner Meinung nach beispielsweise durch das Zeigen von einer Roten Karte gegen Wolf oder der Hilfenahme von den anwesenden Ordnern nicht hätte lösen können. Kurzum: Er würde es wieder so tun.

Während Stephen Petrich, Vereinsvertreter der Eiterfelder, im Plädoyer eine Spielwiederholung forderte, schließlich hätten die Zeugenaussagen ein klares Bild gezeichnet, die eine annähernde Bedrohungssituation für einen Abbruch nicht hergegeben hätten, sagte Tobias Nophut, Vereinsvertreter des SV Wölf, „dass alle Verlierer sind und wir sicherlich die Größten, weil wir an diesem Tag die bessere Mannschaft waren. Das Sportgericht muss entscheiden und das ist wie immer keine leichte Entscheidung.“

Die Urteilsfindung ging fix und überraschte nicht: Das Sportgericht entschied sich, ein Wiederholungsspiel anzusetzen. Sehr zur Freude der SG Eiterfeld/Leimbach II, aber insbesondere der SV Wölf zeigte sich staatsmännisch: Tobias Nophut erklärte an Ort und Stelle auf Rechtsmittel zu verzichten. Damit ist das Urteil rechtskräftig, bei dem niemand bestraft worden ist. Auch nicht der Schiedsrichter. Die Verfahrenskosten gehen zulasten des HFV. Hätte das Kreissportgericht auf einen berechtigten Spielabbruch entschieden, hätte der SV Wölf die Punkte bekommen.

Dass es streckenweise emotional wurde, liegt an der Ausgangsposition: Beide Vereine sind Gemeinderivalen und kämpfen um den Aufstieg in die Kreisoberliga. Da hilft dann auch nicht die Tatsache, dass beide Vereine in der Jugend unter dem Dach der JSG Eitratal gemeinsame Sache machen. Vielleicht auch deswegen mahnte Kokel schon in einleitenden Worten, dass doch bitte nachher niemand mit dem Finger auf den anderen zeigen solle. Schließlich sei die Welt im Kreis Lauterbach/Hünfeld noch in Ordnung.

Und deswegen wurde auch über eine doch durchaus kuriose Situation hinweggeblickt: Aufgrund der Räumlichkeiten in Michelsrombach konnte das Sportgericht nicht überblicken, dass der Schiedsrichter trotz Aufforderung anfangs der Verhandlung nicht den Verhandlungsraum verlassen hatte und somit die Ausführungen der Vereinsvertreter mithören konnte. Als dies auffiel, wurde die Verhandlung kurz unterbrochen und letztlich durch das Sportgericht und die Vereinsvertreter beschlossen, die Verhandlung fortzuführen.

Verantwortlich für den Spielabbruch ist die Gastmannschaft. Tobias Nophut, Vereinsvertreter SV Wölf

Ich habe das Gefühl, dass Unwohlsein mit Bedrohung verwechselt wird. Stephen Petrich, Vereinsvertreter SG Eiterfeld/Leimbach

Ich hoffe sehr, dass du weitermachst. Marius Kokel mit warmen Worten an den Schiedsrichter